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Phänologie, die Wissenschaft von den periodischen Phänomenen in der Natur, spielt eine entscheidende Rolle im Verständnis der jährlichen Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt. Diese Disziplin hat im Laufe der Zeit einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, unsere Beziehung zur Umwelt zu vertiefen und langfristige Trends in Bezug auf Klima und Ökosysteme zu erkennen.

Das beständige Interesse des Menschen am Wetter hat seinen Ursprung nicht allein in der Tatsache, dass es ihn direkt körperlich betrifft, sobald er seine Behausung verlässt. Nicht minder wichtig ist der kontinuierliche Einfluss des Wetters auf die natürliche Umwelt, in der sich jeder Mensch irgendwann bewegt. Und aus der er auch seine Lebensgrundlage, seine Nahrung, erhält. Allein deshalb hat der Mensch schon immer die Veränderungen in der Tier- und Pflanzenwelt, die sich im Laufe eines Jahres unter dem Einfluss von Wetter und Klima vollziehen, mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

Phänologische Kalender

Doch erst Carl von Linne schuf im 18.Jahrhundert die Grundlagen für eine eigene wissenschaftliche Disziplin, die Phänologie, mit der diese jährlichen Wandlungen registriert werden. Der Botaniker Hermann Hoffmann führte dann 1882 einheitliche Richtlinien für die Registrierung der phänologischen Prozesse ein. Im 20. Jahrhundert wurden in Deutschland dazu 7000 Beobachterstellen geschaffen, an denen die Entwicklungsprozesse in der Natur kontinuierlich aufgezeichnet wurden. Mittlerweile ist der phänologische Jahreskalender ein unverzichtbares Werkzeug, wenn es gilt die Auswirkungen von langfristigen Klimaveränderungen zu verstehen.

Phänophasen: phänologische Jahreszeiten

Der phänologische Kalender unterteilt das Jahr in zehn Jahreszeiten (Phänophasen), die sich jeweils am Eintreten bestimmter Ereignisse in der Tier- und Pflanzenwelt orientieren. Da der Winter darin keine markanten Veränderungen bewirkt, ist er in diesem Jahreskalender nur einmal vertreten, die drei anderen Jahreszeiten werden aber jeweils nochmals in drei Untergruppen aufgeteilt.

So finden sich nach dem Vorfrühling, dem Erstfrühling und dem Vollfrühling in der Jahresmitte der Frühsommer, der Hochsommer und der Spätsommer sowie zuletzt der Frühherbst, der Vollherbst und der Spätherbst.

Der Beginn jeder dieser phänologischen Jahreszeiten wird in der Pflanzenwelt mit bestimmten Ereignissen verknüpft: So startet der Vorfrühling mit dem Blühbeginn von Hasel und Schneeglöckchen, der Erstfrühling mit dem Erblühen von Buschwindröschen und Forsythien und der Vollfrühling mit der Blüte von Apfel und Holunder.

Auch die anderen Jahresabschnitte werden so mit pflanzlichen Entwicklungsschritten koordiniert, wann ein solcher Schritt jeweils geschieht, wird in den phänologischen Dateien festgehalten. Dabei zeigt sich, dass die Schwankungsbreite der jeweiligen Eintrittstermine groß ist, so umfasst teilweise Zeiträume von mehr als einem Monat. So kann beispielsweise der Vorfrühling schon im Januar beginnen, es kann aber auch Anfang März werden, bis Schneeglöckchen und Hasel ihre Blüten öffnen.

Perioden der phänologischen Jahreszeiten

Um langfristige Veränderungen zu erkennen, werden deshalb Mittelwerte aus allen Beobachtungen in einem dreißigjährigen Zeitraum gebildet, so erhält jede phänologische Jahreszeit ein Datum für ihren durchschnittlichen Beginn. Vergleicht man nun die Daten des Zeitraums von 1961 bis 1990 mit denen der darauffolgenden Periode von 1991 bis 2020, dann werden große Veränderungen sichtbar.

Klimawandel und phänologische Veränderungen

Der Winter ist dabei der große Verlierer, er dauerte von 1961 bis 1990 noch durchschnittlich 120 Tage, im jüngeren Zeitabschnitt sind es nur noch 102 Tage. Die Gewinner sind vor allem Vorfrühling, Frühherbst und Vollherbst, zusammengenommen vergrößern sie ihre Dauer von früheren insgesamt 75 auf nunmehr 94 Tage. Was außerdem deutlich auffällt, ist der deutlich frühere Beginn von Frühling, Sommer und Herbst, sie starten jeweils zehn bis fünfzehn Tage eher als im älteren Zeitabschnitt. Während das für den Sommer und den Herbst noch keine sehr bedenklichen Folgen hat, sieht es beim Frühling deutlich anders aus. Sein um mehr als zehn Tage früheres Eintreffen hat immer häufiger fatale Folgen: Die schon im März blühenden Kirschen, die schon im April blühenden Apfelbäume und viele weitere Kulturpflanzen werden immer öfter Opfer von Spätfrösten.

Die haben zwar keineswegs zugenommen, wie häufig fälschlicherweise angenommen wird, sie sind im Gegenteil im Zuge der allgemeinen Erwärmung sogar etwas seltener geworden. Doch da sie sowohl im März als auch im April noch regelmäßig und häufig auftreten, fallen ihnen die zu früh gestarteten Pflanzen sehr oft zum Opfer. So schön also der Anblick, der schon im April voll erblühten Landschaften auch sein mag, für alle, die auf ihre Erträge angewiesen sind, bringt er meistens Sorgen und Verluste – die ein weiterer ungebremster Klimawandel nur stetig vergrößern würde.



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